Ein Beitrag über ein Experiment
2021 – Pandemie, Home-Office, Kontaktbeschränkung – und wir leben und arbeiten im Lockdown, wie Bojen auf weiter See. Nur manchmal landet eine Möwe, wenn man Glück hat. Wir üben uns in Stillarbeit. Trotz motivierter Calls und digitalen Teambuildings merken wir, dass es immer schwieriger wird, neue Inspiration zu finden. Denn auch die kreativen Begegnungen im Büro und auf dem Arbeitsweg können nicht ersetzt werden. 2022 öffnen sich die Türen und Möglichkeiten.
Der Kopf muss an die Luft. Let’s go on Workation!
Die Idee vom Arbeiten unter Palmen kollidiert oft mit den Arbeitsanforderungen. Je nach Branche ist es nicht oder nur sehr kompliziert möglich, ohne gewohnte Infrastruktur zu arbeiten. Das hält uns aber nicht auf, den Mehrwert ausfindig zu machen, den das Arbeiten an einem anderen Ort bereithalten soll.
Unser Anforderungsprofil: eine Unterkunft für vier Personen und einen Hund, mit zwei Bädern, stabilem Internet, Arbeitsbereichen und einer inspirierenden Umgebung – Natur ist gewünscht. Den Agentur-Werten entsprechend möchten wir nicht fliegen und eine lange Anreise bindet wertvolle Zeit vor Ort, wenn man, wie wir, fünf Tage ansetzt.
Mosel statt Mallorca – klingt erst mal ernüchternd, aber hier finden wir, was wir suchen. Ein schönes Haus mit genug Platz, der Natur vor der Tür und erfrischenden Möglichkeiten für die Freizeitgestaltung. Denn auch die darf hier nicht zu kurz kommen. Und die Nähe des Domizils ermöglicht, dass Kollegen oder Kolleginnen für einen Tag oder auch nur für einen Abend anreisen und teilhaben können.
Das Einrichten am neuen Arbeitsplatz in Starkenburg, ohne die gewohnte Infrastruktur, birgt nicht die ersten Herausforderungen. Schon in der Planungsphase ist die Terminierung ein Diskussionspunkt. Ein Kollege mit Kind kann nicht einfach fünf Tage verreisen. Die Kostenwaren im Monatsbudget für eine andere Kollegin nicht eingeplant, sodass sie lieber zu Hause bleibt. Es soll und darf keine Verpflichtung sein, denn es ist und bleibt eine private Reise. Klar wird hier: Workation benötigt die gleichen organisatorischen Vorbereitungen wie ein Gruppen-Urlaub.
Gelerntes Miteinander findet an dem fremden Ort neue Anknüpfungspunkte. Wir agieren jeden Tag als Team auf Projekten und genau das ist auch in der Unterkunft vielseitig die Lösung. Arbeitsteilung, auch im Alltag: Während die einen noch arbeiten, kocht bereits jemand. Gemeinsames und abwechslungsreiches Essen ist so ohne Stress möglich. Dabei ist es spannend zu erleben, wie unterschiedlich der Stellenwert des Essens während der Arbeit ist. Zusammen am Tisch zu sitzen, ist im Büro auch keine Besonderheit. Gemeinsam den Tag zu strukturieren – das ist neu. Diese Erfahrung scheint erst mal unbedeutend, ist es aber nicht. In dieser Zusammenarbeit vertieft sich Vertrauen und der Austausch zu gemeinsamen Aufgaben. Ein neues und differenziertes Kennenlernen untereinander findet in kleinen Alltagsmomenten statt.
Der Austausch hat auf der Reise einen besonderen Stellenwert. Wann sagt man Kolleg:innen schon gute Nacht und wann verbringt man einen Samstag gemeinsam? Es ist eine überdurchschnittliche Innigkeit, die durch die Arbeit nicht gestört wird, sondern gestärkt und in Freizeitaktivitäten, wie einem Wine-Tasting Anknüpfung findet. Gespräche, über Zufriedenheit und Unsicherheiten des Berufsalltags, kommen auf. Hier ist es unumgänglich, die Kolleginnen zu Hause im Nachgang abzuholen, damit die gestärkte Verbindung der einen nicht zur Ausgrenzung der anderen führt und gewonnene Erkenntnisse aus Gesprächen geteilt werden. Der Austausch auf beruflicher Ebene zeichnet sich durch gewohnt schnelle, aber deutlich bewusstere Abstimmung und Unterstützung aus. Es scheint unkomplizierter und entspannter. Die Kommunikation ist direkter als im Home-Office und vernetzter als in unserem Büro, da wir dort remote und inhouse arbeiten und entsprechend nicht immer alle Teammitglieder gleichzeitig vor Ort sind. Lediglich die instabile Internetleitung führt bei den Kolleg*innen zu Hause manchmal zu Unmut.
Die neue Umgebung bietet eine ähnliche Inspiration wie andere Reisen und die Qualitäten des Teams können in den Alltag einfließen. Workation wirkt nach: Während Urlaubserinnerungen schnell verblassen können, weil sie von Daily Business und Verpflichtungen überlagert werden, halten diese Erfahrungen an, da sie im Team und gemeinsamen Arbeiten bestehen bleiben.
Workation ist nicht der Moment, um eine Stadt oder neue Kulturen zu erleben. Aber es ist ein besonderes Erlebnis. Ein Kick für den Serotonin-Spiegel, ein Motivations-Boost und ein Highlight – nicht nur nach einer Pandemie. Und auch mal ohne die anderen. Dann gibt es weniger Organisation, aber auch weniger gemeinsame Dynamik. Auf jeden Fall muss es ein neuer Ort sein. Im alten Kinderzimmer in der Heimat kommen diese Gefühle nicht auf. Workation: Vier von fünf Sternen; und auf zur nächsten Fahrt.
Bubble, Peer Group, Clique, Milieu, Kohorte – es gibt viele Begriffe, die beschreiben, wenn Menschen unter ähnlichen Vorzeichen zusammenkommen. Wir wollen für uns nicht weniger als: die beste Gesellschaft.
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